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Globalisierung und Digitalisierung

Phase 1 der Globalisierung sah die großen amerikanischen Markenartikelunternehmen wie Coca Cola, Procter & Gamble und Philip Morris sich nach dem 2. Weltkrieg von USA aus rings um die Welt verbreiten. Dies waren die goldenen Jahre der Erschließung der internationalen Märkte. Dies führte u. a. dazu, dass die Aktien von Philip Morris zwischen 1970 und 1990? eine durchschnittliche jährliche Rendite von 20 % erreichten. Diese Zeiten sind jetzt erst einmal vorbei, da alle wesentlichen Märkte weltweit für die großen amerikanischen Konsumprodukte erschlossen sind und nur noch wenig Wachstum versprechen. Einige dieser Unternehmen bezahlen beachtliche Dividenden, große Kurssteigerungen sind jedoch nicht mehr in Sicht.

Die zweite Welle der Globalisierung begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 und dem Sieg des marktwirtschaftlich freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells über den Steinzeitkommunismus der Betonköpfe. Dabei wurden viele Produktionen aus den teuren westlichen Industrieländern in andere Länder mit wesentlich niedrigeren Produktionskosten wie China, Vietnam, Bangladesch und Malaysia verlagert. Alle Welt freute sich über bezahlbare I-Phones und T-Shirts aus Asien und hunderte von Millionen Menschen in früheren Entwicklungs- und Schwellenländern konnten aus Armut in einen bescheidenen Wohlstand aufsteigen. Diese Entwicklung scheint jetzt durch die zunehmenden Rivalitäten zwischen den USA und China zumindest ins Stocken gerten zu sein. Zusätzlich hat die Coronakrise den westlichen Industrieländern die Verletzlichkeit ihrer Produktionen und auch Gesundheitssysteme durch Unterbrechung der Lieferketten vor Augen geführt. Hier werden wir in den nächsten Jahren noch mehr Repatriierung von Produktionen in die westlichen Industrieländer sehen. Es ist nicht das Ende der Globalisierung, aber die Zuwachsraten dürften sich stark abschwächen.

Die Globalisierung als Wachstumslokomotive wird jetzt von der Digitalisierung abgelöst. Die größten Wachstumsraten erzielt seit ungefähr 15 Jahren die Digitalisierung. Unternehmen wir Amazon, Facebook, Google und Apple haben sowohl volkswirtschaftlich als auch an den Börsen eine derart dominierende Stellung erklommen, wie sie vielleicht die Ölindustrie zu Beginn der Massenmotorisierung hatte oder auch IBM in der Frühphase der Computerisierung. Beide Unternehmen gerieten in das Visier der Kartellbehörden; Standard Oil wurde 1912 aufgespalten, IBM entging diesem Schicksal nur knapp.

Nach dem großen Erfolg der digitalen Konsumunternehmen werden jetzt vor allem nach der amerikanischen Wahl Stimmen laut, deren Macht zu begrenzen oder sogar zu verringern. Damit könnte die Digitalisierung in den nächsten Jahren auf einen Höhepunkt zusteuern. Wenn Aktien hohe Kursgewinne erzielen und alle Anleger diese Werte haben, ist es oft nicht mehr weit bis zum Ende dieser Entwicklung. Nach dem 2. Weltkrieg gab es in den USA die Gruppe der Nifty Fifty, damals weltweit führenden und unbesiegbaren Konsumunternehmen. Diese erreichten große Popularität und sehr hohe Bewertungen, bis die Entwicklung ungefähr 1970 in Stagnation überging. Wenn weltweit immer nur über diese Unternhmen das Beste gesagt wird, die Wachstumsraten sehr hoch sind und alle Welt die Aktien hat, ist häufig eine Umkehr nicht mehr weit. Bei näherer Betrachtung der Antitrustlandschaft in den USA zeigt sich, dass von diesen Unternehmen am ehesten Apple und Google in die Defensive geraten könnten. Noch ist es nach unserer Meinung nicht Zeit, bei diesen beiden Werten auszusteigen. Anleger, die in ihren Depots jedoch ein Übergewicht der großen Digitalunternehmen haben und über eine Diversifizierung nachdenken, können nach unserer Meinung Gewinnmitnahmen in diesen beiden Werten überlegen. Noch ist es dafür zu früh; wenn aber Wolken über dem jetzt unbesiegbaren Sektor aufziehen durch kartellrechtliche oder andere Untersuchungen, könnte der Höhepunkt der Entwicklung in Sicht kommen.

Dr. Georg Thilenius

Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der bankunabhängigen Vermögensverwaltung
Dr. Thilenius GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen unterliegt der BaFin.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. S.B.

    Danke für diesen sehr interessanten Artikel.

  2. Dr. Georg Thilenius

    Vielen Dank, der Autor und Anleger in diesem Wert freut sich immer über Kommentare!
    Viele Grüße
    Georg Thilenius

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