Seit dem Tiefstand am Aktienmarkt im Jahr 2009 hat es sich die meiste Zeit ausgezahlt, am Aktienmarkt präsent zu sein. Nicht jedes Jahr, in den Jahren 2015 und 2018 sind Aktien auch einmal gefallen. Aber seit 2009 hat sich der Markt aus jeder Korrektur recht schnell wieder erholt. Woher diese Zuversicht? Unsere Rechenmodelle haben den S&P 500 fast jedes Jahr als unterbewertet gesehen. Auch heute, trotz des kräftigen Anstiegs der letzten 10 Monate, ist der Markt relativ unterbewertet.
Für das Jahr 2021 hatte unser Modell ursprünglich ein Kursziel für das Jahresende von 4200 für den S&P 500 Index angezeigt. Dieses Niveau war allerdings schon im April erreicht. Inzwischen steht der Markt bei 4500.
Aktuelle Unternehmensergebnisse und Schätzungen künftiger Gewinne machen einen großen Teil dieses Modells aus. Im 2. Quartal des Jahres 2021 waren die Unternehmensgewinne um 9 % gegenüber dem 1. Quartal und 15 % über dem letzten Hoch von vor der Coronazeit Ende 2019 gestiegen.
Ein weiteres Bestandteil dieses Modells ist die Rendite für 10-jährige US Staatsanleihen. Diese liegen zur Zeit bei 1,3 %, künstlich gedrückt durch die FED. Um dem Rechnung zu tragen nehmen wir einen Zinssatz für die 10-jährige Staatsanleihe von etwa 2 % an. Wenn wir nun die Gewinne des 2. Quartals heranziehen und dieses Zinsniveau mit einrechnen, kommen wir auf einen fairen Wert des S&P 500 von 6000 Punkten. Damit ist der Markt auf dem jetzigen Niveau deutlich unterbewertet. Dies liegt auch wesentlich daran, dass Erhöhungen der kurzfristigen Zinssätze erst ab Ende 2022 in Sicht kommen. So schnell dürfte dieses Niveau nicht erreicht werden, es ist deshalb ein konservatives Kursziel von 5000 Punkten für den S&P 500 zum Ende dieses Jahres anzunehmen.
Natürlich gibt es viele Risiken für diesen Ausblick: Falls die Entwicklung von Corona trotz allgemeiner Impfungen ungünstig verläuft und ein weiterer Lockdown in USA oder auch in Europa oder in China eintritt; das nächste Risiko sind schnellere Zinserhöhungen aufgrund steigender Inflation. Das dritte aktuelle Risiko könnten Steuererhöhungen durch Präsident Biden und seine Demokraten sein.
Per heute ist ein weiterer Lockdown in USA und auch in Europa sehr unwahrscheinlich. Die Stellungnahme von FED-Chef Powell auf der „Jackson-Hole“ Konferenz vom letzten Wochenende hat klargestellt, dass die Geldpolitik auf absehbare Zeit die Wirtschaft unterstützen wird. Die FED wird gelegentlich die Käufe der Anleihen verlangsamen. Dies wird aber langsam geschehen und vor dem Hintergrund, dass Corona immer noch eine Bedrohung der Wirtschaft ist.
Maßvolle Steuererhöhungen sind schon vom Aktienmarkt eingepreist. Denkbar ist, dass der Höchststeuersatz von jetzt 37 % auf 39 % steigt und die Körperschaftssteuer von jetzt 21 auf etwa 25 %. Steuern auf Kapitalzuwächse und Dividenden könnten von jetzt 20 % auf etwa 24 % steigen.
Natürlich wird der jetzige Anstieg des Aktienmarktes eines Tages ebenso enden wie alle früheren Anstiege. Und nach dem kräftigen Anstieg der letzten 10 Monate ist eine kurzfristige Korrektur um etwa 5 bis 10 % in der nahen Zukunft zu erwarten. Der allgemeine Trend wird jedoch noch auf viele Jahre hinaus nach oben weisen und optimistische Anleger belohnen.
Dr. Georg Thilenius
Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der bankunabhängigen Vermögensverwaltung
Dr. Thilenius GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen unterliegt der BaFin.