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Die Krone

Die Klagen über die Qualität des Programms der verschiedenen deutschen Fernsehsender sind Legion. Immerhin beträgt das jährliche Budget des staatlichen Fernsehens über 7 Milliarden Euro, dies sind etwa 20 Millionen pro Kalendertag. Mit diesen sehr großen finanziellen Mitteln könnte durchaus sehr viel mehr über historische und für die Allgemeinbildung wichtige Zusammenhänge produziert werden.

Nicht viel besser sieht es aus mit den Kommentaren zur Vermittlung von Wissen über historische Zusammenhänge an den Schulen des Landes. Die coronabedingt geschlossenen Schulen und der Online-Unterricht legen zusätzlich viele Schwächen offen, die bisher mehr oder weniger gut verborgen waren.

Und jetzt gibt es „The Crown“ oder zu deutsch die Krone. Dies ist eine nahezu perfekte und sehr unterhaltsame Darstellung über die Geschichte Englands ungefähr seit der Zeit seit Queen Elizabeth II Königin wurde bis vor etwa einer Generation. Historisch ziemlich, aber nicht so ganz akurat wie in England nicht anders zu erwarten, wird, aufgehängt an den vermeintlichen, doch von der Wirklichkeit nicht wesentlich entfernten Zuständen im Buckingham Palace vieles dargestellt, was bisher allenfalls in Bruchstücken und einzelnen Episoden existierte. Von Churchil, über Nasser, Nkruma, und Kennedy bis zu Maggy Thatcher werden Ereignisse und Staatsmänner mehr oder weniger humorvoll kommentiert. Hinter Maggy Thatcher geht es dann ziemlich seifenopernhaft um Charles und Diana, was sich selbst überzeugte Anglophile sparen sollten, da die Geschichte komplett verflacht.

Und wer schon immer wissen wollte, wie die CIA arbeitet, hat mit der Serie „Homeland“ eine äußerst spannende und direkt aus dem täglichen Leben gegriffene Serie. Dies allerdings nur bis zum Ende der ersten Staffel. Danach flacht die Sache ab und wird zur üblichen Hollywoodklamotte.

Und wo kommt das alles, was man sich gerne vom deutschen Fernsehen oder aus den Schulen gewünscht hätte, nun  eigentlich her? Von einem Unternehmen, das vor 25 Jahren noch Videokassetten vermietete und verkaufte, dazu noch von der amerikanischen Westküste, viele tausend Kilometer von den Schauplätzen in Europa entfernt. Dann hatten die Videoverleiher 1997 die geniale Idee, statt Videokassetten und DVDs zu bewegen, in das Streaminggeschäft einzusteigen. Das ist jetzt 25 Jahre her und hat Netflix bis auf 200 Millionen zahlende Abonnenten gebracht mit stark steigender Tendenz weltweit. Damit nimmt Netflix jetzt auch den etablierten Fernsehsendern die Butter vom Brot.

Der Umsatz liegt bei 25 Milliarden Dollar, das ist ungefähr das 3-fache des jährlichen Budgets der deutschen staatlichen Fernsehsender. Netflix ist sehr profitabel, der Reingewinn liegt bei 2,6 Milliarden Dollar, was eine Umsatzrendite von über 10 % ist. Der Umsatz ist in den letzten 5 Jahren jedes Jahr um durchschnittlich knapp 30 % gestiegen. Darin ist natürlich der exponentielle Zuwachs des Jahres 2020 durch die Coronabeschränkungen enthalten. Im letzten Quartal ist der Umsatz um 21 % gestiegen, liegt also in der Nähe des langfristigen Umsatzzuwachses.

Der Gewinn pro Aktie ist in den letzten 5 Jahren järlich um 80 % gestiegen. Für dieses Jahr und die nächsten 5 Jahre werden jeweils Zuwächse im Gewinn pro Aktie um 40 bis 50 % erwartet. Das KGV für den erwarteten Gewinn der nächsten 12 Monate liegt bei 42. Damit ist das KGV ziemlich genau auf der Höhe der langfristigen Wachstumsrate, was ein Kurswachstumsverhältnis von etwa 1 ergibt. Dies ist zwar eine optisch hohe Bewertung, liegt aber im Rahmen der langfristigen Wachstumsrate und ist deshalb durchaus akzeptabel.

Netflix verdrängt zunehmend das traditionelle Fernsehen mit seinem starren Programm und dürfte wegen der hohen Qualität von Sendungen wie „The Crown“  auch völlig neue Zuschauerschichten für sich erschließen.

Die Kursentwicklung war in den letzten Jahren kräftig aufwärts gerichtet, aber zwischendurch mit kräftigen Schwankungen versehen. Das lag daran, dass immer wieder Zweifel aufkamen, ob Netflix es schaffen würde, mit eigenen Programmen den Geschmack seiner Kunden zu treffen und neue Kundenschichten zu erschließen. Heute ist diese Frage mit einem großen Ja mit Ausrufezeichen beantwortet, war aber jahrelang nicht so ganz klar.

Wer als Anleger einen langfristigen Zeithorizont hat und vor zwischenzeitlichen größeren Schwankungen nicht zurückschreckt, ist nach unserer Meinung mit Netflix-Aktien langfristig gut bedient. Zusätzliche Schwankungen werden auch dadurch ausgelöst, dass die Konkurrenz von Disney, Amazon und in Zukunft einigen anderen stärker werden wird. Netflix sollte sich aber als Marktführer behaupten können.

Dr. Georg Thilenius

Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der bankunabhängigen Vermögensverwaltung
Dr. Thilenius GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen unterliegt der BaFin.

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